Archiv des Autors: Brigitte Alice Radl

Content Marketing Conference Köln 2012

Content ist in aller Munde: Auf der zweiten Content-Marketing Conference (CMC) tauschten sich vergangenen Donnerstag in Köln neben zahlreichen Marketing-Experten auch Agentur- und Verlagsmenschen, SEO-Verantwortliche, ein erfahrener Anwalt für Medienrecht und ein junger App-Entwickler aus. Das vielversprechende Wort Content-Strategie ist im Lauf der Konferenz sehr oft gefallen. Doch meinen die Leute damit auch das, was sich hinter dem in den USA entstandenen, redaktionell geprägten Konzept verbirgt?, fragen sich Brigitte Alice Radl (@brigitte_alice) und Karin Raffer (@ka_rin_na), die in Köln vor Ort waren.

Sie wissen, was sie brauchen

Klar: In Zeiten von Social Media und Web 2.0 müssen Unternehmen online mit guten Inhalten überzeugen. Was zählt, ist in erster Linie ein zufriedener User. Umso besser, wenn aus ihm auch ein zufriedener Kunde wird. Dass man heute mit Themen- statt Produktmarketing punktet und Marken in erster Linie über Inhalte geschärft werden, darüber war man sich auf der CMC einig. Doch wie genau diese Inhalte im Idealfall auszusehen haben und wie ein Unternehmen qualitativen Content langfristig sicherstellt, das spielte eine untergeordnete Rolle.

Der Traum vom Contentpool

“Weg von der Lautsprecherkommunikation, hin zu dem, was der User will: nützliche, relevante und unterhaltsame Inhalte. Und keine Ego-Perspektive bitte!” Wahre Worte von Sebastian Callies (@medienarchitekt) (Callies & Schewe Kommunikation), und die gleich zu Beginn der Konferenz im sogenannten “Strategy Slot”. Auch sein Tipp, in Unternehmen eine Zentralredaktion einzurichten als Anlaufpunkt für alle, die mit Content zu tun haben, beweist Weitsicht. Und er ist ganz im Sinne einer Content-Strategie, wie sie Kristina Halvorson (@halvorson) oder Erin Kissane (@kissane) vertreten. Die Wunschvorstellung, dass ein Themenkomplex von einer zentralen Stelle vollständig für unterschiedliche Kanäle aufbereitet wird, greift allerdings zu kurz. Ein Pool, in dem alle Inhalte zusammenlaufen und aus dem man sich ganz einfach bedienen kann – zu schön, um wahr zu sein.

Bringschuld in sozialen Netzwerken

Die vielen Schritte, die zur erfolgreichen Umsetzung einer Content-Strategie nötig sind, lassen sich da nur erahnen. Und dass sich die gesamte Unternehmenskultur ändern muss, damit die Kommunikation auch in sozialen Netzwerken gelingt, das wird ausgespart. Selbst wenn größere Unternehmen es sich leisten können, eine eigene Redaktion aufzumachen. Wie reagieren die etablierten Marketing- und PR-Abteilungen auf diesen Schritt? Fühlen sie sich entmachtet und fürchten sie die Konkurrenz? Wie bringt man die Marketing- und PR-Verantwortlichen zur Kooperation und wie erzeugt man Commitment bei den restlichen Mitarbeitern? Wie macht man ihnen klar, dass die Kommunikation in sozialen Netzwerken selbständig und aktiv betrieben werden muss? Und zwar im Sinne der Geschäftsziele und Userbedürfnisse. Der “Social & Mobile Slot” ließ Antworten auf solche Fragen vermissen. Womöglich lag das auch daran, dass die Content-Strategin Susanne Lämmer (@slaemmer) aufgrund eines dringenden Projektabschlusses ihre IKEA FAMILY Community, eine Content-Strategie für Social Web, nicht vorstellen konnte. Schade.

“Wir werden den Leuten folgen müssen”

Als angehende Content-Strateginnen denken wir unweigerlich an die möglichen Hürden und vielen Stolpersteine, die Unternehmen auf ihrem langen Weg zu ganzheitlich gutem Content bewältigen müssen. Wir wissen, dass es dabei vor allem um Hilfe zur Selbsthilfe geht. Und, dass es zuallererst auf die Befriedigung der Userbedürfnisse ankommt. Verlage wie die Axel Springer AG haben es da im digitalen Zeitalter bedeutend leichter. Denn ihr Kerngeschäft besteht im Erstellen und Distribuieren von Content. Christoph Keese (@ChristophKeese), der den Verlag auf der CMC vertrat, sagte im “Media Slot” ganz richtig: “Wir erzeugen Inhalte. Spielen sie auf eigenen Seiten aus. Aber auch auf anderen. Wir werden den Leuten folgen müssen.” Wie das gelingen kann, ist neben der Frage nach den richtigen Inhalten für verschiedene Tools auch die Frage nach deren zielführender technischer Verknüpfung. Auch hier ist hochspezialisiertes Expertenwissen gefragt. Vielleicht gibt es die Antworten ja bei der nächsten CMC.

Der Twitter-Hashtag für die CMC Köln 2012 lautet #contentmc.

Ein Rückblick der Veranstalter findet sich auf der Website der CMC 2012.

Content Strategie im Web Literacy Lab

Content Strategie geht davon aus, dass bei einem professionellen und erfolgreichen Webauftritt die Inhalte im Mittelpunkt stehen. Brauchbarer Content trägt zur Zufriedenheit der User und damit zum Erfolg des Unternehmens bei. Das Web Literacy Lab bedient sich dieser Disziplin bei der Beratung von Unternehmen. In einer Präsentation haben wir unsere Perspektive auf das Thema Content Strategie zusammengefasst.

Die Disziplin der Content Strategie beschäftigt sich mit der Produktion, Bearbeitung, Pflege und Archivierung von Webinhalten. Zentral sind dabei konzeptionelle Tätigkeiten, strategische Planung und eine fortwährende Prozessorientierung. Die US-amerikanische Disziplin hat sich aus dem User Experience Design entwickelt und behandelt Content als strategisches Business Asset.

Bei der Beratung von Unternehmen betreffend sinnvolle und brauchbare Webkommunikation stützen auch wir uns auf diese im deutschsprachigen Raum noch wenig beachtete Disziplin. Doch gerade in den USA haben sich Agenturen in den letzten Jahren diesem Thema verschrieben und auch Literatur darüber publiziert. Als kompakte Einführung, die schrittweise Ablauf und Anforderungen einer guten Content Strategie präsentiert, ist Kristina Halvorsons “Content Strategy for the Web” zu empfehlen. Sie bildete auch das Grundgerüst für unsere Kurzzusammenfassung dieses Ansatzes. In einer Präsentation haben wir die wichtigsten Merkmale der Content Strategie, Eckdaten zu ihrer Entwicklung sowie wichtige Einflussfaktoren und -bereiche vorgestellt. Herangezogen haben wir dabei auch die Bücher “The Elements of Content Strategy” von Erin Kissane sowie “The Elements of User Experience” von Jesse James Garrett. Ebenso ein Standardwerk zu diesem Thema: Colleen Jones“Clout – The Art and Science of Influential Web Content”.

Wer noch nichts über Content Strategie weiß, kann sich vielleicht ein besseres Bild davon machen, wenn er sich verwandte Disziplinen bzw. die für die Content Strategie relevanten Konzepte vor Augen führt: “Editorial Work”, die klassische Publikationstätigkeit mit Web Writing, Editorial Workflows und Redaktionskalendern findet in einer Content Strategie ihren Niederschlag. Ebenso wichtig ist das “Curatorial Work”, wobei es um Wartung und Pflege, die sogenannte “Content Maintenance” geht. “Marketing and Persuasion” ist ein Feld, das in Hinblick auf Online Messaging und Branding Relevanz für die Content Strategie besitzt. Und last but not least der große Bereich der “Information Science”, in den unter anderem Informationsarchitektur und Search Engine Optimization fallen.

“Content is King”

Kristina Halvorson definiert Content Strategie folgendermaßen:

“Content strategy is the practice of planning for the creation, delivery, and governance of useful, usable content.”

Content – also Text, Bild, Grafik, Audio und Video – soll vor allem nützlich sein, und zwar für den User und die Organisation. Damit die Produktion sinnvoller, brauchbarer Inhalte gelingen kann, müssen Workflows und Publikationsprozesse entwickelt und auch eingehalten werden. Ohne klar definierte Verantwortlichkeiten ist dies nicht möglich. Vor allem die Abstimmung unterschiedlicher Publikationskanäle verlangt eindeutige Zuständigkeiten auf den verschiedenen Ebenen. Gelingt es, Commitment bei allen Beteiligten zu erzeugen, dann lassen sich Kosten senken und die Effektivität der publizierten Inhalte erhöhen.

Was tut der Content Stratege?

Je nachdem wie groß die Organisation ist und wie viele personelle und finanzielle Ressourcen für professionelle Contenterstellung vorhanden sind, ist der Content Stratege in unterschiedlichem Ausmaß für die Umsetzung der Strategie verantwortlich. In jedem Fall konzipiert er sie und setzt sich dementsprechend als “Content Advocate” im Unternehmen für den Content ein. Das bedeutet, er betreibt zunächst einmal Hintergrundforschung innerhalb und auch außerhalb des Unternehmens. Die erhobenen Daten bilden die Grundlage für jegliche Entscheidungen. Die Empfehlungen, die der Content Stratege ausspricht, basieren auf Unternehmens- und Userbedürfnissen. Bei der Umsetzung ist die Zusammenarbeit mit den Stakeholdern und deren Commitment unerlässlich. Im Idealfall koordiniert der Content Stratege ein Expertenteam: Informationsarchitekten, Web-Designer, Web-Redakteure, SEO-Verantwortliche, Datenbankverantwortliche, Projektmanager usw.

Arbeitsschritte im Content Strategie-Prozess

Eine Content Strategie ist üblicherweise umfangreich und tangiert wie bereits erwähnt viele unterschiedliche Bereiche des Unternehmens. Deshalb ist es wichtig, bei der Implementierung nach einer bestimmten Methodologie bzw. Arbeitsabfolge vorzugehen. Das ermöglicht es dem Content Strategen, den Überblick zu behalten und nach einem roten Faden vorzugehen. Abhängig von der Größe des Unternehmens können die einzelnen Tätigkeiten unterschiedlich arbeitsintensiv und gewichtet sein.

Prominente US-amerikanische Vertreter der Disziplin haben jeweils ihre eigenen Vorgehensweisen entwickelt. Diese unterscheiden sich jedoch kaum bezüglich der angewandten Instrumente – jede Content Strategie benötigt beispielsweise die Bestandsaufnahme der aktuellen Webinhalte (Audit), eine Konkurrenzanalyse oder Monitoringtools. Jedoch setzen Content Strategen – abhängig von ihrem fachlichen Hintergrund – Schwerpunkte bei der Kategorisierung und zeitlichen Abfolge der Arbeitsschritte sowie bei deren Benennung.

Content Strategie-Modell des Web Literacy Lab

Für unsere Beratung von Unternehmen im Rahmen des Web Literacy Lab haben auch wir uns eine Vorgehensweise zurechtgelegt, welche die Abwicklung von kleinen, mittelgroßen und großen Webprojekten möglich macht. Bei der Entwicklung dieser Arbeitsschritte stützten wir uns auf die oben genannten Standardwerke, hauptsächlich jedoch auf “Content Strategy for the Web” von Kristina Halvorson. Sie gliedert die Abwicklung jedes Content Strategie-Projekts in drei Phasen, welche wiederum einzelne Arbeitsschritte umfassen: Bestandsaufnahme, Analyse und Strategie. Diese Kategorisierung haben wir auch für das WLL übernommen und den drei Phasen jeweils auf Subebenen einzelne Instrumente zugeordnet. Unser Modell weicht also von Halvorsons ab, befindet sich jedoch noch in einem Entwicklungsstadium und hat keinen Anspruch auf Vollständigkeit. Dennoch möchten wir im Folgenden kurz auf die einzelnen Phasen und deren Kernelemente eingehen.

Phase 1: Bestandsaufnahme
Die erste Phase stellt eine Bestandsaufnahme der aktuell vorhandenen Webinhalte (Audit) dar. Der gesamte Webauftritt des Unternehmens wird sorgfältig gescannt, in einer Tabelle (quantitativ) verzeichnet und anschließend auch nach verschiedenen qualitativen Kriterien bewertet. Dieser erste Schritt bietet dem Content Strategen einen genauen Überblick darüber, was an Content vorhanden ist, welcher Content unvollständig, fehlerhaft oder minderwertig ist und welcher Content überhaupt fehlt. Erst wenn diese Phase abgeschlossen ist, kann mit der Verbesserung des Webauftritts begonnen werden.

Phase 2: Analyse
Die Analysephase beinhaltet noch keine strategischen Empfehlungen oder Konzepte, sondern zeichnet ein detailliertes Bild der Faktoren, welche auf die zu implementierende Content Strategie Einfluss haben. Zunächst werden in einer Projektdefinition die Rahmenbedingungen des Projekts (Budget, Ressourcen, bestehende Markenwerte und Botschaften etc.) festgehalten. In einem weiteren Schritt werden die User empirisch genauer unter die Lupe genommen (Wer sind sie? Was wollen sie?) und die „Influencer“ bestimmt, die Einfluss darauf haben, wie das Unternehmen in der Öffentlichkeit wahrgenommen wird. Schließlich werden bestehende redaktionelle Prozesse und Verantwortlichkeiten sowie alle genutzten (Online- und Offline-)Kanäle festgehalten.

Phase 3: Strategie
Die Content Strategie basiert immer auf den Erkenntnissen der beiden vorangegangenen Phasen und wird erst in Hinblick auf das aufgezeigte Verbesserungspotenzial entwickelt. Die gesamte strategische Konzeption wird in einem Dokument zusammengefasst und bestimmt in weiterer Folge den Webauftritt des Unternehmens sowie die Verknüpfung von Online- und Offline-Kommunikation.

Die Strategiephase ist sehr umfangreich und betrifft die unterschiedlichsten Themen. In unserer Vorgehensweise konzentrieren wir uns auf den Subebenen darauf, mit möglichst verständlichen Begriffen zu arbeiten sowie die einzelnen Prozesse logisch zu kategorisieren und damit Redundanzen zu vermeiden. Strategische und inhaltliche Empfehlungen gibt der Content Stratege in folgenden Bereichen:

  • Marke und Botschaften (Corporate Brand Voice, Style Guidelines, Message Hierarchy etc.)
  • Content Management (Content-Struktur und Content-Elemente)
  • Redaktionelle Planung und Content-Erstellung (Content Creation Plan, Zeitplan, Workflow, Redaktionskalender etc.)
  • Content-Bereitstellung (Content-Formate, Content-Kanäle, CMS etc.)
  • Content-Pflege (Content Maintenance, Content Lifecycle etc.)
  • Erfolgsmessung

Wesentlich dabei: Guter Content ist nie „fertig“. Content Strategie ist ein fortwährender Prozess im Unternehmen, der nicht nach einmaliger Implementierung endet und damit auch langfristig Auswirkungen auf die Unternehmenskultur und den -erfolg hat. Wir sind überzeugt, dass Content Strategie eine probate und sinnvolle Methode ist, um professionell und erfolgreich im Web zu kommunizieren.

Podiumsdiskussion: Brauchen Unternehmen Social Media?

Über den Einsatzes von Social Media in Unternehmen wird derzeit viel diskutiert. Am „PRofi-Treff“ (#wdfprva) widmete sich Heinz Wittenbrink, Leiter des Web Literacy Lab, gemeinsam mit drei anderen Experten dem Thema. Die Fachleute waren sich dabei über eines einig: Die User teilen ihre Meinungen im Web 2.0 ohnehin mit – bleibt lediglich die Frage, ob sich Unternehmen auch an den Gesprächen über sie und ihre Produkte und Dienstleistungen beteiligen wollen.

Web 2.0 und Social Media haben auch in der Unternehmenskommunikation zu fundamentalen Umbrüchen und Veränderungen geführt. Jeder will drinn‘ sein, in Facebook & Co., und natürlich in Folge auch einen Vorteil für das eigene Unternehmen daraus ziehen. Doch wie sinnvolle und richtige Kommunikation im Web funktioniert, ist häufig nicht klar.

Social Media – Mode oder Must?

Am 26. September widmeten sich vier Experten im Rahmen einer Podiumsdiskussion im Grazer Haus der Industriellenvereinigung der Frage: „Social Media für Manager – Mode oder Must?“. Aus unterschiedlichen Perspektiven erzählten Heinz Wittenbrink (Leiter des Forschungsprojekts Web Literacy Lab/Studiengang „Journalismus und Public Relations“, FH Joanneum), Markus Pirchner (futurebytes/PRVA), Ana Topolic (Director Marketing & Communications, Magna) und Gerhard Kürner (Leiter Konzernkommunikation VOEST) über Entwicklungen, Erfahrungen und zukünftige Trends in der Onlinekommunikation von Unternehmen. Organisiert wurde die Veranstaltung vom Wirtschaftforum der Führungskräfte in Kooperation mit dem PRVA.

Was sind Social Media?

In einem einleitenden Kurzreferat erklärte Heinz Wittenbrink dem Publikum sein Verständnis von Social Media. Wodurch sich die sozialen Medien etwa von klassischen (Print-)Medien unterscheiden, fasste er in drei Punkten zusammen:

  • Es gibt keinen Unterschied mehr zwischen Sender und Empfänger. Jeder kann im Web publizieren. Der Begriff des „Produsers“ nimmt eine zentrale Bedeutung ein.
  • Durch die Verlinkung von Meldungen mit Profilen und damit festen Identitäten entsteht ein Empfehlungs- und Reputationssystem. Der User kann so auf Informationen von ihm vertrauten Personen zurückzugreifen.
  • Außerdem sucht der User sich selbstständig die Informationen, die er braucht. Damit baut er sein persönliches Nachrichtensystem auf.

Ein entscheidender Faktor für erfolgreiche Kommunikation in Social Media ist die intelligente Verknüpfung verschiedener Plattformen ebenso wie die Beobachtung der Aktivitäten anderer User: „Ich muss als Organisation oder Unternehmen nicht nur fragen, was ich selbst da mache, sondern vorher noch, was die anderen machen“, so Heinz Wittenbrink.

Präsentation zum Vortrag von Heinz Wittenbrink:

Tendenzen

Markus Pirchner, Ana Topolic und Gerhard Kürner rissen in ihren Kurzvorträgen viele weitere interessante Themen an. Gesprochen wurde u.a. über die Messbarkeit von Erfolg in Social Media, die Anwendung spezifischer Tools abhängig vom Einzelfall, Enthierarchisierung und die Veränderung der Unternehmenskultur durch Social Media-Kommunikation sowie über die Qualitätserfordernisse von Online-Content. Eine diversifizierte Kommunikationsstragegie, welche konkrete Guidelines beinhaltet und auch die Mitarbeiter miteinbezieht, ist laut den Fachleuten unerlässlich für gelungene Onlinekommunikation von Unternehmen.

Social Media-Diskussion

Interessant waren auch die Themen der anschließenden Diskussionrunde: Scheinbar ist es auch in großen Unternehmen wie Magna oder VOEST nicht Usus, Social Media Manager einzustellen oder andere personelle Ressourcen speziell für Social Media-Aktivitäten abzustellen. Ein Problem scheinen außerdem mangelnde interdisziplinäre Kompetenzen zu sein: Mitarbeiter, die zwar redaktionell gut sind und etwa für die Firmenzeitung oder das Blog Geschichten schreiben, können nicht auch für die Contenterstellung einer Facebook-Site oder eines Twitter-Accounts herangezogen werden, da ihnen entsprechende Kompetenzen zur Contentproduktion in verschiedenen Formaten fehlen.
Einige Unternehmer verbinden Social Media auch noch immer mit Angst und Gefahr. Zitat aus dem Publikum: „Im Internet gibt es keine Wahrheit sondern nur verschiedene Meinungen. (…) Social Media sind ein Moloch und entwickeln sich unvorstellbar rasch, ohne dass es konkrete Erkenntnisse gibt – das ist gefährlich.“

PR-Fachmann/-frau der Zukunft?

Natürlich wurde auch über die Herausforderungen für die Kommunikationsbranche in Zusammenhang mit Social Media diskutiert. Auf die PR-Leute kommen demnach Veränderungen zu, welche Hand in Hand mit den für Social Media erforderlichen Kommunikationsskills gehen. Martin Novak sieht vor allem durch die uneingeschränkten Partizipationsmöglichkeiten im Web Veränderungen in der Kommunikation von Unternehmen: „Früher sagte man, der Dialog sei die höchste Kunst der PR. Mit Social Media ist der Dialog zum Prinzip geworden.“ Es stellt sich also nicht mehr die Frage, ob Unternehmen im Social Web präsent sein wollen – das sind sie ohnehin. Vielmehr geht es darum, ob sie an der Diskussion über ihr Unternehmen partizipieren wollen oder nicht.

Twitter-Hashtag der Veranstaltung: #wdfprva

1. WLL-Workshop mit steirischen Referenzunternehmen

Im ersten Workshop des Web Literacy Lab vergangenen Freitag an der FH Joanneum wurde das Projekt elf steirischen Referenzunternehmen vorgestellt. Außerdem hatten die TeilnehmerInnen im Rahmen einer ersten Bestandsaufnahme ihrer Onlinekommunikation die Möglichkeit, Fragen zu stellen, zu diskutieren und sich untereinander auszutauschen.

Wie kann ich online richtig kommunizieren? Mit dieser Frage befassen sich in Zukunft elf steirische Unternehmen, die ihre Webkompetenzen mit Hilfe des Web Literacy Lab verbessern wollen. Als erster Schritt im Rahmen der Beratungsaktivitäten des WLL diente ein Workshop dazu, den TeilnehmerInnen das Projekt im Detail vorzustellen, Erwartungshaltungen und Ziele abzustecken sowie einen Einblick in die kommunikativen Onlineaktivitäten der Unternehmen zu bekommen.

Fragen über Fragen

Schon in der Vorstellungsrunde der TeilnehmerInnen zeigte sich ein großer Bedarf an fundierter Information und strategischen Maßnahmen, was die Unternehmenskommunikation im Web betrifft. Das Bewusstsein über die Relevanz der rasanten technischen Entwicklungen trifft dabei auf eine gewisse Hilflosigkeit bei der sinnvollen Vermittlung von Inhalten im Web. Schwierigkeiten gibt es vor allem bei der Contentproduktion, bei der Strukturierung und Organisation von Webinhalten sowie dabei, diese regelmäßig zu publizieren und aktuell zu halten. Oft fehlt das Wissen darüber, was für die Kunden sinnvoll und interessant ist (und nicht nur reine Selbstdarstellung) und wie man abgestimmt auf das jeweilige Publikationstool richtig kommuniziert bzw. welches Tool überhaupt das richtige ist.

„Der Chef sagt, wir müssen auf Facebook sein.“

Die Marketingabteilung legt eine Facebook-Seite des Unternehmens an, ein paar Wochen bewegt sich etwas, langsam. Wenn die Zahl der Likes aufhört zu steigen und die Zeit knapp wird, steht die Site still und wird zur „kommunikativen Leiche“, die dem Unternehmen mehr schadet als nutzt. Solche und ähnliche Fälle gibt es häufig und das Scheitern der Social Media-Versuche geht meist mit einem „Probiert haben wir’s immerhin“ und einem ratlosen Achselzucken einher.

In seinem Impulsvortrag betonte Heinz Wittenbrink deshalb die Wichtigkeit von Web Governance: „Als Unternehmen bin ich gezwungen, zu kommunizieren.“ Hierfür benötige jedes Unternehmen eine Inhalts-Strategie, eine Social Media-Strategie sowie ein Monitoring der eigenen Aktivitäten. Eine selbstbestimmte und erfolgreiche Umsetzung würde dabei durch Webkompetenzen betreffend Inhalte, Vernetzung und Zusammenarbeit sowie das Informationsmanagement erreicht.

Verstehen lernen mit dem WLL

Was ihre Erwartungen und Wünsche betrifft, wurde eines am WLL-Workshop deutlich: Die teilnehmenden Unternehmen möchten lernen, das Web richtig zu nutzen. Sie wollen Wissen sammeln, um geeignete Strategien entwickeln zu können. Sie haben Interesse an sinnvoller Contentproduktion sowie Messmethoden für Social Media-Aktivitäten. Sie wünschen sich mehr Interaktion mit ihren Kunden und wollen gleichzeitig ihre Online-Reputation steigern. Kurz zusammengefasst im Statement eines Teilnehmers: „Wir brauchen jemanden, der uns umfassend berät und alle Bereiche abdeckt. Jemanden, der uns hilft, eine Strategie zu entwickeln, mit der wir selbstständig arbeiten können.“

Genau hier möchte das Web Literacy Lab ansetzen. Mittels „Hilfe zur Selbsthilfe“ sollen Unternehmen lernen, kompetent mit den Neuen Medien umzugehen, ihre Funktionsweisen und Mechanismen verstehen lernen. Der Fokus der Forschungs- wie auch Beratungsaktivitäten des WLL liegt dabei auf der Produktion von sinnvollen Inhalten, die Nutzen stiftend für das Unternehmen wie auch dessen Stakeholder sind.

Intranet 2.0 und Unternehmenskultur / #e20camp

Das Intranet ist für Unternehmen ein wirkungsvolles Tool, um die Kommunikation ihrer Mitarbeiter untereinander und über verschiedene Hierarchiestufen zu fördern. Warum die interne Kommunikation über eine Web 2.0-Plattform dennoch oft nicht klappt, wurde anhand eines Beispiels in einer Session des Enterprise2.0Camp diskutiert.

Das erste Enterprise2.0Camp (#e20camp) startete u.a. mit einer Session zur internen Kommunikation von Unternehmen mittels Intranet. Doris Riedl stellte eine von ihr durchgeführte Fallstudie zur Diskussion, in welcher sie den Gebrauch eines neu implementierten Intranets in einem großen Konzern mit tausenden MitarbeiterInnen (Name sowie Branche durften aus Datenschutzgründen nicht genannt werden) untersuchte. Aus den Ergebnissen leitete sie Schlussfolgerungen zu Barrieren ab, welche die MitarbeiterInnen an der Nutzung hindern.

Folgende Faktoren sind demnach ausschlaggebend:

  • die Unternehmenskultur
  • die Arbeitsorganisation
  • technologische Barrieren

Ursache und Wirkung

Die Ergebnisse der Studie sind wenig überraschend, gilt es doch als allgemein bekannt, dass diese drei Faktoren den Umgang mit Web 2.0-Tools innerhalb einer Organisation oder eines Unternehmens wesentlich beeinflussen. Dennoch entwickelte sich eine spannende Diskussion unter den TeilnehmerInnen der Session betreffend die Ursachen für die Entwicklung solcher Barrieren, den Umgang von Unternehmen mit offener Kommunikation im Web allgemein sowie die Möglichkeiten, die genannten Hindernisse aus dem Weg zu räumen.

Normen und Werte

Das Kommunikationsverhalten im Unternehmen ist direkt durch die Unternehmenskultur geprägt. Normen und Werte spielen hier eine große Rolle: Ein großes Problem bei der Nutzung des Intranets in seiner Funktion als Plattform zum Wissensaustausch sowie zur Zusammenarbeit der MitarbeiterInnen ergibt sich laut der Studie dadurch, dass nur solches Wissen als „richtig“ betrachtet wird, dessen Qualität von bestimmten Personen der oberen Hierarchiestufen garantiert wird. Dadurch findet eine Wissensgenerierung der MitarbeiterInnen untereinander mehr oder weniger nicht statt.

Obwohl sich das Unternehmen durch Schulungen der MitarbeiterInnen und zahlreiche Ankündigungen bemühte, die Bedeutung des Intranets bzw. interner Kommunikation zu vermitteln, bleibt dennoch der Eindruck, dass lediglich über bereits bestehende starre Strukturen ein Web 2.0-Tool gestülpt wurde. Die Hierarchie des Unternehmens wurde direkt ins  Web übernommen. Dies wiederum erklärt bis zu einem gewissen Grad die Scheu der MitarbeiterInnen, frei und ungehemmt zu kommunizieren, denn: „Der Chef könnte ja sehen, was ich da ins Intranet reingeschrieben hab.“

Einen weiteren Diskussionspunkt stellte die Schwierigkeit dar, neue kommunikative Strukturen im Unternehmen überhaupt zu etablieren. Bisherige Kommunikationsmethoden werden von den MitarbeiterInnen häufig als „Gewohnheitsrecht“ betrachtet: „Bisher habe ich immer zum Telefonhörer gegriffen, warum soll ich plötzlich das Intranet nutzen?“

Conclusio

Mein persönliches Fazit aus der Session ist folgendes: Ja, Unternehmen – und hier vor allem große Konzerne – haben es nicht leicht, wenn sie ihre interne Kommunikation umstellen und die Vorteile des Web 2.0 hierfür nutzen wollen. Es bringt nichts, die beste Plattform mit den schönsten Tools für die eigenen MitarbeiterInnen einzurichten, wenn sie nicht genutzt wird. Warum das häufig so ist? Unternehmen stoßen im Zusammenhang mit interner Kommunikation 2.0 häufig auf Barrieren. Die Lösungen zum Überspringen dieser Hürden sollten sie jedoch bei sich selbst suchen: Strikte und unbewegliche Hierarchien, schlechtes Zeitmanagement, althergebrachte Kommunikationsgewohnheiten auf den verschiedenen Unternehmensebenen und wenig Eigeninitiative verunmöglichen erfolgreiche interne Kommunikation und führen lediglich dazu, dass eine „parallele Kommunikationswelt“ entsteht, die nie wirklich Teil des Unternehmens und damit auch nicht sinnstiftend sein kann.