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18. & 19. Juni: Konferenz Zukunft Basisbildung zum Thema Web Literacy

Der kritische Umgang mit dem Social Web ist mittlerweile ein entscheidender Faktor in der Basisbildung. Neue, andere Medienkompetenzen sind gefragt. Unter dem Generalthema Web Literacy – der Lese- und Schreibfähigkeit im Netz – werden auf der diesjährigen Konferenz Zukunft Basisbildung diesbezüglich aktuelle und künftige Herausforderungen thematisiert, diskutiert und reflektiert. Gastgeber sind der Verein inspire und das Web Literacy Lab.

Wann? 18. und 19. Juni 2012
Wo? Graz, FH Joanneum
Teilnahme kostenlos! (Anmeldung erbeten)

Thema Web Literacy

Web Literacy bezeichnet die Fähigkeit, mit den Mitteln des Web und in der Umgebung des Web erfolgreich zu kommunizieren.“

(Heinz Wittenbrink, 2011)

Die Frage, welche Kompetenzen Menschen brauchen, um sich im Web zurechtzufinden, sich angemessen auszudrücken und zu verhalten sowie sich zu vernetzen, beschränkt sich nicht mehr nur auf einen kleinen Teil der Bevölkerung – das Web geht heute alle an. Insofern ist es höchste Zeit, dass die Lese- und Schreibfähigkeit im Netz in großem Rahmen diskutiert und neue Herausforderungen diesbezüglich thematisiert werden – die Veranstaltung bildet eine Plattform hierfür. Nachdem wir uns bereits seit 2010 mit Web Literacy beschäftigen, ist es für uns eine besondere Freue, die diesjährige Konferenz Zukunft Basisbildung mitgestalten und einen konkreten Beitrag leisten zu dürfen.

Infos, Programm, Anmeldung

Wir wollen hier nicht alles wiederholen, was der Verein inspire bereits ordentlich und sauber publiziert hat. Deshalb folgen hier Links zu den wichtigsten Informationen:

Konferenz Zukunft Basisbildung auf Facebook und Twitter

WLL auf der Konferenz Zukunft Basisbildung: Offene Bildung & Content Strategy

Wir kommen in den Genuss, auch zwei inhaltliche Beiträge am Podium liefern zu dürfen:

Heinz Wittenbrink thematisiert in seinem Vortrag „Offene Bildung: Was wir von Open Source und Wikipedia für die Bildungspolitik lernen können“ verschiedene Aspekte der Kollaboration und Partizipation im Web.

Brigitte Alice Radl leitet einen Workshop zum Thema „Content Strategy als Basis für Webauftritte“: Diskutiert werden die Bedeutung von „guten“ Webinhalten für Bildungsorganisationen und ihre User sowie notwendige Voraussetzungen, um solchen Content produzieren und verwalten zu können.

 

1. WORKSHOP am 18. April 2012: „Welches Netzwerk für welchen Zweck?“

Am 18. April startet das Web Literacy Lab seine Workshopreihe an der FH JOANNEUM. „Unternehmen im Social Web: Welches Netzwerk für welchen Zweck?“ Diese Frage behandelt der erste Workshop und liefert neben innovativen Erkenntnissen auch praktische Unterstützung für Unternehmen.

Wann? Mittwoch, 18. April, 12:00 bis 17:00 Uhr
Wo? FH JOANNEUM Graz

Inhalt des Workshops

Unternehmen können im Social Web Kunden, Stakeholder und andere Interessensgruppen ansprechen und mit ihnen interagieren. Doch wann und wie ist es aus betrieblicher Perspektive sinnvoll, auf Facebook, Google+, Twitter, Xing und anderen Plattformen zu kommunizieren?

In disem Workshop erklären die ExpertInnen des WLL Ihnen die Grundmechanismen und Funktionen sozialer Plattformen und zeigen anhand von Best-Practice-Beispielen auf, wie das Web für Verkaufsförderung, Recruiting, Eventorganisation, Imagebildung etc. genutzt werden kann.

Danach sind Sie dran: Gemeinsam identifizieren Sie in Kleingruppen ein konkretes Problem, das in Ihrem betrieblichen Alltag auftaucht, und dessen Lösung mittels sozialer Plattformen unterstützt werden kann. Wir helfen Ihnen, das geeignete Netzwerk für Ihre Anliegen zu wählen, zeigen Kommunikationsstrategien für Ihr Unternehmen auf und unterstützen Sie bei Ihren ersten Schritten auf der Plattform (Anlegen eines professionellen Profils, Auffinden und Management von Kontakten, Netzwerkbildung etc.).

Im Anschluss an den Workshop laden wir Sie zu Networking und einem Buffet ein und freuen uns auf Ihre Fragen, Ihr Feedback und interessante Diskussionen.

ReferentInnen

Im Workshop arbeiten Sie gemeinsam mit drei ExpertInnen des Web Literacy Lab an Ihrer Webpräsenz:

Heinz Wittenbrink, Projektleiter

Julian Ausserhofer, wissenschaftlicher Mitarbeiter

Kosten

Normalpreis: 490 EURO (exkl. Ust.)
Friendly Customer Discount* (-20 %): 392 EURO (exkl. Ust.)
Early Bird Discount** (-25 %): 367,5 EURO (exkl. Ust.)

Natürlich ist es möglich, beide Rabatte gleichzeitig in Anspruch zu nehmen. In diesem Fall belaufen sich die Kosten für einen Workshop auf 294 € p.P.

* Rabatt für die TeilnehmerInnen des Onlinetrainings WLL+ Netzwerkaufbau
** Rabatt für Frühbucher (Anmeldung bis spätestens 11. April 2012)

(alle Preise inkl. Unterlagen und Catering)

Anmeldung und Rückfragen

Claudia Linditsch, MA
Wissenschaftliche Mitarbeiterin Web Literacy Lab
E-Mail: claudia.linditsch@fh-joanneum.at
Tel.: +43 (0)316 5453 6832

Nähere Informationen zum genauen Ort sowie zur Bezahlung erhalten Sie nach Ihrer Anmeldung per Mail von Claudia Linditsch.

1. WLL-Workshop mit steirischen Referenzunternehmen

Im ersten Workshop des Web Literacy Lab vergangenen Freitag an der FH Joanneum wurde das Projekt elf steirischen Referenzunternehmen vorgestellt. Außerdem hatten die TeilnehmerInnen im Rahmen einer ersten Bestandsaufnahme ihrer Onlinekommunikation die Möglichkeit, Fragen zu stellen, zu diskutieren und sich untereinander auszutauschen.

Wie kann ich online richtig kommunizieren? Mit dieser Frage befassen sich in Zukunft elf steirische Unternehmen, die ihre Webkompetenzen mit Hilfe des Web Literacy Lab verbessern wollen. Als erster Schritt im Rahmen der Beratungsaktivitäten des WLL diente ein Workshop dazu, den TeilnehmerInnen das Projekt im Detail vorzustellen, Erwartungshaltungen und Ziele abzustecken sowie einen Einblick in die kommunikativen Onlineaktivitäten der Unternehmen zu bekommen.

Fragen über Fragen

Schon in der Vorstellungsrunde der TeilnehmerInnen zeigte sich ein großer Bedarf an fundierter Information und strategischen Maßnahmen, was die Unternehmenskommunikation im Web betrifft. Das Bewusstsein über die Relevanz der rasanten technischen Entwicklungen trifft dabei auf eine gewisse Hilflosigkeit bei der sinnvollen Vermittlung von Inhalten im Web. Schwierigkeiten gibt es vor allem bei der Contentproduktion, bei der Strukturierung und Organisation von Webinhalten sowie dabei, diese regelmäßig zu publizieren und aktuell zu halten. Oft fehlt das Wissen darüber, was für die Kunden sinnvoll und interessant ist (und nicht nur reine Selbstdarstellung) und wie man abgestimmt auf das jeweilige Publikationstool richtig kommuniziert bzw. welches Tool überhaupt das richtige ist.

„Der Chef sagt, wir müssen auf Facebook sein.“

Die Marketingabteilung legt eine Facebook-Seite des Unternehmens an, ein paar Wochen bewegt sich etwas, langsam. Wenn die Zahl der Likes aufhört zu steigen und die Zeit knapp wird, steht die Site still und wird zur „kommunikativen Leiche“, die dem Unternehmen mehr schadet als nutzt. Solche und ähnliche Fälle gibt es häufig und das Scheitern der Social Media-Versuche geht meist mit einem „Probiert haben wir’s immerhin“ und einem ratlosen Achselzucken einher.

In seinem Impulsvortrag betonte Heinz Wittenbrink deshalb die Wichtigkeit von Web Governance: „Als Unternehmen bin ich gezwungen, zu kommunizieren.“ Hierfür benötige jedes Unternehmen eine Inhalts-Strategie, eine Social Media-Strategie sowie ein Monitoring der eigenen Aktivitäten. Eine selbstbestimmte und erfolgreiche Umsetzung würde dabei durch Webkompetenzen betreffend Inhalte, Vernetzung und Zusammenarbeit sowie das Informationsmanagement erreicht.

Verstehen lernen mit dem WLL

Was ihre Erwartungen und Wünsche betrifft, wurde eines am WLL-Workshop deutlich: Die teilnehmenden Unternehmen möchten lernen, das Web richtig zu nutzen. Sie wollen Wissen sammeln, um geeignete Strategien entwickeln zu können. Sie haben Interesse an sinnvoller Contentproduktion sowie Messmethoden für Social Media-Aktivitäten. Sie wünschen sich mehr Interaktion mit ihren Kunden und wollen gleichzeitig ihre Online-Reputation steigern. Kurz zusammengefasst im Statement eines Teilnehmers: „Wir brauchen jemanden, der uns umfassend berät und alle Bereiche abdeckt. Jemanden, der uns hilft, eine Strategie zu entwickeln, mit der wir selbstständig arbeiten können.“

Genau hier möchte das Web Literacy Lab ansetzen. Mittels „Hilfe zur Selbsthilfe“ sollen Unternehmen lernen, kompetent mit den Neuen Medien umzugehen, ihre Funktionsweisen und Mechanismen verstehen lernen. Der Fokus der Forschungs- wie auch Beratungsaktivitäten des WLL liegt dabei auf der Produktion von sinnvollen Inhalten, die Nutzen stiftend für das Unternehmen wie auch dessen Stakeholder sind.

Zwei Ebenen der Web Literacy

Wir haben mit der Arbeit in drei inhaltlichen Work Packages begonnen. Die drei Fragen, die wir beantworten wollen, sind:

Aus welchen Kompetenzen besteht Web Literacy?
Welche dieser Kompetenzen bzw. welche Konkretisierungen dieser Kompetenzen sind für Unternehmen und Organisationen relevant?
Wie lässt sich Web Literacy am wirkungsvollsten vermitteln?

Auch wenn es gerade eine unserer Aufgaben in der ersten Phase des Projekts ist, zu präzisieren, was Web Literacy ist, brauchen wir einen Vorbegriff von ihr, um die verschiedenen Teile unseres Projekts koordinieren zu können. In diesem Post versuche ich, diesen Vorbegriff thesenartig zu formulieren—als Vorschlag für die interne und externe Diskussion.

Web Literacy bezeichnet die Fähigkeit, mit den Mitteln des Web und in der Umgebung des Web erfolgreich zu kommunizieren.
Ebene 1: Technische und rhetorische Skills

Bezogen auf das, was man beherrscht, wenn man sie besitzt, gehören zur Web Literacy die Fähigkeiten,

  • Information im Web aktiv und passiv zu organisieren,
  • Texte und Medien für die Kommunikation im Web zu produzieren und
  • sich im Web mit anderen zu vernetzen.

Dieses Modell der Web Literacy leitet sich aus dem Model-View-Controller-Pattern ab: Texte und Medien lassen sich als Models, die Möglichkeiten der Informationsorganisation als Views und die sozialen Beziehungen im Web als Controllers interpretieren. Auf dieser Ebene lässt sich Web Literacy als eine Menge von miteinander verbundenen Skills oder Techniken verstehen. Unsere Forschungsaufgabe im Web Literacy Lab ist es, diese Skills, bezogen auf bestimmte Kontexte, zu beschreiben, um sie dann in einem weiteren Schritt lehren zu können. Man kann diese Skills mit den Fähigkeiten vergleichen, die man braucht, um ein Instrument zu spielen. Ein Teil dieser Fähigkeiten (z.B. Noten lesen, das tonale System kennen) ist vom einzelnen Instrument unabhängig, ein anderer Teil nicht. Alle gehören sie in einen kulturellen Kontext (z.B. den der europäischen musikalischen Tradition). Konkret sind die drei Aspekte Informationsmanagement, Medienproduktion und Beziehungs- und Idenitätsmanagement im Web immer miteinander verbunden. Wer Twitter verwendet muss zum Beispiel mit Tools umgehen, um seinen Newsfeed zu organisieren und ihn in sein Informationsuniversum zu integrieren (Informationsmanagement), Tweets verfassen können, die relevant sind und Aufmerksamkeit erzeugen (Medienproduktion) und sich mit anderen Twitterern vernetzen können, vor allem in denen er ihnen folgt oder sich folgen lässt (Beziehungs- und Identitätsmanagement).
Ebene 2: Sensemaking im Web

Bezogen darauf, wie und wozu man diese Skills benutzt, ist Web Literacy die Fähigkeit, die digitalen Artefakte des Web zur Organisation im weitesten Sinn zu verwenden. Der Ausdruck Organisation im letzten Satz bezieht sich sowohl auf soziale Beziehungen wie auf Wissen und Tatsachen. Die digitalen Objekte des Web sind immer eingebettet in Speech Exchange Systems der Alltagskommunikation, sie haben Funktionen für die Accountancy, für die Berichtbarkeit/Darstellbarkeit von sozialen Tatsachen—ohne die diese gar nicht existierten, und sie sind Teil von Handlungssystemen. Auf dieser Ebene kann man Web Literacy mit den Fähigkeiten vergleichen, die man braucht, um Teil eines Orchesters zu sein und mit anderen zusammenzuspielen. Ich würde sie provisorisch (in Anspielung auf K.E. Weick) als Sensemaking bezeichnen. Diese Ebene wollen wir im Web Literacy Lab mit Methoden erforschen, die schon verwendet wurden, um z.B. das Zusammenspiel von Musikern, die Arbeitsweisen von Innovationscommunities oder auch die Alltagspraxis von Wissenschaftlern zu untersuchen.

Diese zweite Ebene ist viel schwieriger präzise zu erfassen als die erste. Vielleicht kann ich mit weiteren Vergleich erläutern, was mit ihr gemeint ist: Übertragen auf eine Sprache ginge es auf der ersten Ebene darum, grammatisch korrekte Sätze und Texte zu produzieren, auf der zweiten darum, Gespräche zu führen, mit anderen zu kommunizieren und zusammenzuarbeiten. Übertragen auf die Wissenschaft ginge es auf der ersten Ebene darum, z.B. physikalisches Wissen zu vermitteln, auf der zweiten um die konkrete wissenschaftliche Praxis etwa im Labor. Um diese Ebene zu erforschen, wollen wir uns an Forschungen zur Gesprächsführung (Conversation Analysis) oder auch zur Praxis im Labor (Ethnomethodologie, Actor Network Theory) orientieren.

Methodisch können wir uns auf der ersten Ebene u.a. daran orientieren, welche Skills konkret z.B. bei Unternehmen und in Agenturen nachgefragt werden, welche Fähigkeiten in ähnlichen Projekten vermittelt werden, welche Kompetenzprofile bei der Diskussion über neue oder veränderte Berufsfelder (Social Media Manager, Online-Journalist, Facilitator) formuliert werden und welche Aussagen über Skills und Literacy sich aus der Entwicklung des Web ableiten lassen oder bereits abgeleitet wurden (so verlangt Tim Berners-Lee, wie ich heute von Julian erfahren habe, die Vermittlung von Data Literacy bereits in der Grundschule. Für die zweite Ebene brauchen wir wohl vor allem genaue Beschreibungen von Webkommunikation. Ob wir hier zu validen Ergebnissen kommen, ist offen. Ich glaube aber, dass allein die Forschung auf dieser Ebene unsere Fähigkeit, Web Literacy zu vermitteln, vergrößern wird, weil sie unseren Blick für die kommunikativen Phänomene schärft, um die es hier geht.

Ich habe in diesem Post einiges aus früheren Posts und Präsentationen zur Web Literacy wiederholt. Bei uns beginnt jetzt die Phase konkreter Forschungen zu diesem Thema. Ich bin vor allem gespannt, ob es uns methodisch gelingt, Besonderheiten der Webkommunikation als sozialen Phänomens zu erfassen.