Im ersten Teil dieser Blogpostserie haben wir erklärt, was ein quantitatives Content Audit ist und wie man es durchführt. Hier konzentrieren wir uns nun auf die qualitative Bestandsaufnahme: Was ist ihr Ziel? Nach welchen Kriterien kann Content bewertet werden? Und wie geht man dabei am besten vor?
Content Audit, muss das sein?
Ann Rockley beschreibt den Nutzen eines Audits in ihrem Buch “Managing Enterprise Content” folgendermaßen:
“(…)it tells you how content is written and how it’s currently being used, how it could be reused, and what needs to be done to create effective unified content.”
Quelle: Rockley, Ann und Cooper, Charles: Managing Enterprise Content. A Unified Content Strategy. Second Edition. New Riders, Berkley 2012. p. 118.
Das Content Audit ist die Grundlage der zu entwickelnden Content-Strategie. Alle Handlungsempfehlungen und Lösungsvorschläge für “bessere Inhalte” basieren auf dieser Bestandsaufnahme, die den Status quo aufzeigt. Die Antwort ist also ein definitives Ja, das Content Audit muss sein.
Bewertung von Inhalten: Das qualitative Content Audit
Das qualitative Audit ergänzt die quantitative Bestandsaufnahme des bereits auf der Website vorhandenen Content. Es wird von den bereits gesammelten Informationen ausgegangen, die konkreten Inhalte (wie Texte, Bilder, Videos etc.) werden anhand von bestimmten Kriterien bewertet. Erst durch diesen zweiten Schritt wird die Identifizierung von qualitativ minderwertigem Content möglich.
Kristina Halvorson beschreibt in “Content Strategy for the Web” das qualitative Audit wie folgt:
“A qualitative audit analyzes the quality and effectiveness of the content. Your findings from this analysis provide insight to wether or not the content is useful, usable, enjoyable, and persuasive to your audience.”
Quelle: Halvorson, Kristina: Content Strategy for the Web. New Riders, Berkeley 2010. p. 54.
Gemäß Halvorson beantwortet die qualitative Bestandsaufnahme folgende Fragen:
- Was drückt der Content aus?
- Ist der Content richtig und zielgenau?
- Ist der Content nützlich?
- Wird der Content von den Usern genutzt?
- Ist der Content professionell geschrieben?
- Ist der Content benutzerfreundlich?
Vorgehensweise und das Content-Inventur-Dokument
Ob das qualitative Content Audit in einem Aufwaschen oder separat von der quantitativen Bestandsaufnahme durchgeführt wird, hängt von verschiedenen Faktoren wie Umfang des Projekts, Tiefe der Analyse, persönliche Vorlieben etc. ab. Wir haben bei unserer exemplarischen Bestandsaufnahme für den Studiengang “Journalismus und PR” die beiden Audit-Teile getrennt behandelt. Hat man eine Bestandsaufnahme noch nie durchgeführt, ist es so vielleicht etwas leichter, sich zu orientieren und sich an die vielen verschiedenen Kategorien zu gewöhnen.
Jedenfalls ist es aber sinnvoll, die erhobenen Informationen des quantitativen und qualitativen Content Audit in ein Dokument (Content-Inentur-Dokument) einzutragen. So ist die Bezugnahme auf bereits erhobene Informationen jederzeit möglich und am Schluss liegt ein Gesamtdokument vor, das den Überblick erheblich erleichtert.
Wie das Content-Inventur-Dokument grundsätzlich “funktioniert”, haben wir in unserem letzten Blogpost erklärt. Und auch für die im Rahmen des qualitativen Audit gesammelten Informationen gilt: In die horizontale Ebene des Spreadsheets (Zeile 1) werden die Bewertungskriterien (z.B. Aktualität, Richtigkeit, Relevanz etc.) eingetragen. Anschließend werden die im Spreadsheet vertikal aufgelisteten Ebenen der Website durchgeackert und ihre Inhalte bewertet.
Quelle: http://blog.braintraffic.com/2009/03/the-content-inventory-is-your-friend/ (2.4.2012)
Dig deep: Wie ein qualitatives Audit “gemacht” wird
Vor Beginn der qualitativen Bestandsaufnahme hat der Content-Stratege bereits einen Eindruck über die Inhalte auf der Website gewonnen. Je nach “Scope” des Projektes entwickelt er daraufhin Kriterien zu ihrer qualitativen Bewertung. Diese Kriterien können sich von Projekt zu Projekt unterscheiden.
Wir haben für unsere qualitative Bestandsaufnahme simple Bewertungskriterien entwickelt. Aufgrund dessen sind sie auch auf andere Projekte übertragbar und bei der Bewertung von Inhalten eigentlich immer von Relevanz.
Außerdem haben wir ein einfaches dreiteiliges Bewertungsschema gewählt, das nach dem Schema “hoch – mittel – niedrig” funktioniert. Zum Beispiel betreffend die Aktualität von Inhalten “aktuell – Updates nötig – nicht aktuell” oder betreffend Qualität und Stil des Content “gut – mittel – schlecht”. Wichtig ist es, immer dann deskriptive Vermerke im Conent-Inventur-Dokument zu machen, wenn Mängel auffallen: Warum sind die Inhalte nicht aktuell, richtig oder vollständig? Warum sind Qualität und Stil nicht gut? Warum fehlt der Nutzen für die User oder das Unternehmen?
Bewertung der Inhalte
Wir haben den Content auf der Website anhand folgender Kriterien bzw. Bewertungsschemata analysiert:
1. Dokumenttyp
Es ist sinnvoll, auch an dieser Stelle noch einmal festzuhalten, um welche Art von Inhalten es sich handelt (informierende Beschreibung, Handlungsanweisungen, Leistungen, Präsentation der Unternehmensaktivitäten, Menschen etc.). Das macht einen Vergleich unter bestimmten Kategorien (z.B. Produkte) einfacher.
2. Korrektheit der Information
Sind die Inhalte auf der Page richtig?
Bewertungsschema: richtig / Updates nötig (+Beschreibung) / nicht richtig (+Beschreibung)
3. Aktualität
Sind die Inhalte auf der Page noch aktuell?
Hier ist es besonders wichtig, im Vorhinein zu definieren, was “aktuell” bedeutet. Wie lange sind bspw. Newsmeldungen, Projekt- oder Produktbeschreibungen aktuell? Wie oft müssen Unternehmensbeschreibungen aktualisiert und wann sollten Inhalte archiviert werden?
Bewertungsschema: aktuell / Updates nötig (+Beschreibung) / nicht aktuell (+Beschreibung)
4. Vollständigkeit
Ist der Inhalte vollständig oder fehlen Informationen auf der Page?
Es wird an dieser Stelle vorausgesetzt, dass der Content-Stratege augenscheinliche Mängel erkennt, nachdem er sich bereits in Kundengesprächen und mittels des quantitativen Audits mit den Inhalten des Unternehmens auseinandergesetzt hat. Bei Unsicherheit: Einfach an der richtigen Stelle nachfragen!
Bewertungsschema: vollständig / Updates nötig (+Beschreibung)
5. Webgerechte Darstellung
Sind ausreichend viele Verlinkungen, Bilder und multimediale Inhalte vorhanden?
Ein sehr wichtiger Punkt, der oft vernachlässigt wird. In unserem Projekt haben wir hier lediglich eine deskriptive Beschreibung des Status durchgeführt, da mehr oder weniger keine Links oder multimedialen Inhalte auf der Website vorhanden waren. Die Entwicklung eines Bewertungsschemas ist aber natürlich möglich. Bedeutende Kriterien könnten sein: Wie viele Links sind ausreichend pro Page? Wie viele Bilder müssen mindestens auf jeder Page vorhanden sein? Welchen Anforderungen müssen diese Inhalte genügen? etc.
6. Wert / Nutzen für die User
Ein zentraler Punkt: Wie brauchbar, sinnvoll und nützlich sind die Inhalte auf der Page für die User? Es hilft, zu erheben, für welche Hauptnutzergruppe die Inhalte primär gedacht sind. So kann auch der konkrete Wert der Inhalte leichter eingeschätzt werden.
Bewertungsschema: hoch / mittel / niedrig (+wichtigste Nutzergruppe)
7. Wert / Nutzen für das Unternehmen
Dieselbe Bewertung wird aus Sicht des Unternehmens vorgenommen: Wie brauchbar sind die Inhalte auf der Page aus Unternehmensperspektive? Im Vorhinein wieder überlegen: Welche Hauptziele sollen mit dem Inhalt erreicht werden? (z.B. Verkaufsförderung, positive Präsentation, Arbeitserleichterung durch Servicecharakter, Vernetzung etc.)
Bewertungsschema: hoch / mittel / niedrig (+ Hauptnutzen)
8. Qualität / Stil des Content
Eine knifflige Kategorie, hier ist sprachliche Feinfühligkeit gefragt: Wie sind die Inhalte formuliert? Treffen sie den Tonfall des Unternehmens? Sind viele Rechtschreibfehler zu finden? Ist die sprachliche Präsentation gelungen (Stil)? usw.
Bewertungsschema: gut / mittel / schlecht (+ Begründung)
9. Struktur des Content (Absätze, Zwischenüberschriften, Länge etc.)
User mögen keine Textwüsten. Deshalb ist es wichtig, die Strukturierung des Content (Absätze, Zwischenüberschriften, Länge etc.) zu überprüfen und zu bewerten. Mängel an dieser Stelle werden von den Usern als besonders störend wahrgenommen.
Bewertungsschema: gut / mittel / schlecht (+ Begründung)
10. Aktueller Status
Mitunter eine der wichtigsten Kategorien: Wie soll weiter mit der Page verfahren werden? Ist sie zu löschen? Sind Updates nötig? Oder sollte hier ein Content Template erstellt oder angewandt werden?
In diese Bewertung fließen im Prinzip auch die Informationen aus dem quantitativen Content Audit mit ein. Der Page-Status eignet sich außerdem gut zur Erstellung von Übersichtsgrafiken für die Stakehoder. Es lassen sich etwa Aussagen treffen wie “60 % der Page gehören gelöscht” oder “Auf 75 % der Pages sind Updates nötig”.
Bewertungsschema: online / Updates nötig / Content Template nötig / delete
Zusammenfassung in einem Ergebnisdokument
Was tun, wenn das Audit abgeschlossen, das Spreadsheet mit Daten, Informationen und Bewertungen gefüllt ist? Ganz einfach: Jetzt ist es an der Zeit, die Erkenntnisse aus dem Content Audit den Stakeholdern des Unternehmens mitzuteilen. Es ist wenig sinnvoll, hierbei lediglich das Spreadsheet zur Verfügung zu stellen. Viel brauchbarer ist ein maximal zweiseitiges Handout, das die wichtigsten Punkte zusammenfasst.
Im Rahmen einer kompakten Präsentation sollten die Erkenntnisse aus der quantitativen und qualitativen Bestandsaufnahme zusammengefasst werden. Hier bietet sich auch nochmals die Gelegenheit, die Stakeholder von der Notwendigkeit einer Content-Strategie für ihre Webkommunikation zu überzeugen – unter dem Motto: „Seht her: Das haben wir bei der Bestandsaufnahme herausgefunden. Hier und hier gibt es Schwachstellen und Verbesserungspotenzial. Wir können Euch so und so dabei helfen.“
Das war’s! So funktioniert ein Content Audit. Wollen Sie noch etwas wissen? Haben wir etwas nicht gut erklärt oder Fragen offen gelassen? Wir freuen uns über Kommentare, Meinungen und Fragen.