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Podiumsdiskussion: Brauchen Unternehmen Social Media?

Über den Einsatzes von Social Media in Unternehmen wird derzeit viel diskutiert. Am „PRofi-Treff“ (#wdfprva) widmete sich Heinz Wittenbrink, Leiter des Web Literacy Lab, gemeinsam mit drei anderen Experten dem Thema. Die Fachleute waren sich dabei über eines einig: Die User teilen ihre Meinungen im Web 2.0 ohnehin mit – bleibt lediglich die Frage, ob sich Unternehmen auch an den Gesprächen über sie und ihre Produkte und Dienstleistungen beteiligen wollen.

Web 2.0 und Social Media haben auch in der Unternehmenskommunikation zu fundamentalen Umbrüchen und Veränderungen geführt. Jeder will drinn‘ sein, in Facebook & Co., und natürlich in Folge auch einen Vorteil für das eigene Unternehmen daraus ziehen. Doch wie sinnvolle und richtige Kommunikation im Web funktioniert, ist häufig nicht klar.

Social Media – Mode oder Must?

Am 26. September widmeten sich vier Experten im Rahmen einer Podiumsdiskussion im Grazer Haus der Industriellenvereinigung der Frage: „Social Media für Manager – Mode oder Must?“. Aus unterschiedlichen Perspektiven erzählten Heinz Wittenbrink (Leiter des Forschungsprojekts Web Literacy Lab/Studiengang „Journalismus und Public Relations“, FH Joanneum), Markus Pirchner (futurebytes/PRVA), Ana Topolic (Director Marketing & Communications, Magna) und Gerhard Kürner (Leiter Konzernkommunikation VOEST) über Entwicklungen, Erfahrungen und zukünftige Trends in der Onlinekommunikation von Unternehmen. Organisiert wurde die Veranstaltung vom Wirtschaftforum der Führungskräfte in Kooperation mit dem PRVA.

Was sind Social Media?

In einem einleitenden Kurzreferat erklärte Heinz Wittenbrink dem Publikum sein Verständnis von Social Media. Wodurch sich die sozialen Medien etwa von klassischen (Print-)Medien unterscheiden, fasste er in drei Punkten zusammen:

  • Es gibt keinen Unterschied mehr zwischen Sender und Empfänger. Jeder kann im Web publizieren. Der Begriff des „Produsers“ nimmt eine zentrale Bedeutung ein.
  • Durch die Verlinkung von Meldungen mit Profilen und damit festen Identitäten entsteht ein Empfehlungs- und Reputationssystem. Der User kann so auf Informationen von ihm vertrauten Personen zurückzugreifen.
  • Außerdem sucht der User sich selbstständig die Informationen, die er braucht. Damit baut er sein persönliches Nachrichtensystem auf.

Ein entscheidender Faktor für erfolgreiche Kommunikation in Social Media ist die intelligente Verknüpfung verschiedener Plattformen ebenso wie die Beobachtung der Aktivitäten anderer User: „Ich muss als Organisation oder Unternehmen nicht nur fragen, was ich selbst da mache, sondern vorher noch, was die anderen machen“, so Heinz Wittenbrink.

Präsentation zum Vortrag von Heinz Wittenbrink:

Tendenzen

Markus Pirchner, Ana Topolic und Gerhard Kürner rissen in ihren Kurzvorträgen viele weitere interessante Themen an. Gesprochen wurde u.a. über die Messbarkeit von Erfolg in Social Media, die Anwendung spezifischer Tools abhängig vom Einzelfall, Enthierarchisierung und die Veränderung der Unternehmenskultur durch Social Media-Kommunikation sowie über die Qualitätserfordernisse von Online-Content. Eine diversifizierte Kommunikationsstragegie, welche konkrete Guidelines beinhaltet und auch die Mitarbeiter miteinbezieht, ist laut den Fachleuten unerlässlich für gelungene Onlinekommunikation von Unternehmen.

Social Media-Diskussion

Interessant waren auch die Themen der anschließenden Diskussionrunde: Scheinbar ist es auch in großen Unternehmen wie Magna oder VOEST nicht Usus, Social Media Manager einzustellen oder andere personelle Ressourcen speziell für Social Media-Aktivitäten abzustellen. Ein Problem scheinen außerdem mangelnde interdisziplinäre Kompetenzen zu sein: Mitarbeiter, die zwar redaktionell gut sind und etwa für die Firmenzeitung oder das Blog Geschichten schreiben, können nicht auch für die Contenterstellung einer Facebook-Site oder eines Twitter-Accounts herangezogen werden, da ihnen entsprechende Kompetenzen zur Contentproduktion in verschiedenen Formaten fehlen.
Einige Unternehmer verbinden Social Media auch noch immer mit Angst und Gefahr. Zitat aus dem Publikum: „Im Internet gibt es keine Wahrheit sondern nur verschiedene Meinungen. (…) Social Media sind ein Moloch und entwickeln sich unvorstellbar rasch, ohne dass es konkrete Erkenntnisse gibt – das ist gefährlich.“

PR-Fachmann/-frau der Zukunft?

Natürlich wurde auch über die Herausforderungen für die Kommunikationsbranche in Zusammenhang mit Social Media diskutiert. Auf die PR-Leute kommen demnach Veränderungen zu, welche Hand in Hand mit den für Social Media erforderlichen Kommunikationsskills gehen. Martin Novak sieht vor allem durch die uneingeschränkten Partizipationsmöglichkeiten im Web Veränderungen in der Kommunikation von Unternehmen: „Früher sagte man, der Dialog sei die höchste Kunst der PR. Mit Social Media ist der Dialog zum Prinzip geworden.“ Es stellt sich also nicht mehr die Frage, ob Unternehmen im Social Web präsent sein wollen – das sind sie ohnehin. Vielmehr geht es darum, ob sie an der Diskussion über ihr Unternehmen partizipieren wollen oder nicht.

Twitter-Hashtag der Veranstaltung: #wdfprva

Die Probleme bei der Messung des Social Media ROI

Beim Transfer vom klassischen Marketing hin zu Social Media entstehen im Allgemeinen drei grundlegende Probleme:

1.    Social Media wird erst einmal „klein“ getestet. Wie so oft, wenn etwas neu ist, bestehen in vielen Unternehmen und vor allem in den Köpfen der Entscheider noch erhebliche Widerstände gegen Social Media. Oft geht es nur mit einer kleinen Lösung ohne große Strategie los, die oft sogar als Alleingänge von engagierten Mitarbeitern gestartet werden: „Man kann es ja mal versuchen, es kostet ja nicht viel!“

2.     Social-Media-Interaktionen stehen nicht im direkten Zusammenhang mit Verkäufen. Social Media wird von den Kunden eher dazu genutzt, sich über eine Marke oder ein Produkt zu informieren, Fragen zu stellen und hoffentlich auch Antworten zu erhalten, oder um sich mit anderen Kunden auszutauschen. Verkäufe finden entweder vorher oder nachher statt, können aber in der Regel nicht direkt zugeordnet werden.

3.     Social Media nutzt Unternehmensressourcen, die bereits für andere Aufgaben reserviert sind. Zumindest kurzfristig bekommt das Social-Media-Marketing so nicht genügend Ressourcen, denn es ist ja kostenlos.

By Thomas Schmalzer & Claudia Linditsch