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Open Educational Resources: Rückblick auf die Workshops

Die Österreichische Fachtagung zu Open Educational Resources – OER widmete sich den Chancen und den Risiken von Web 2.0 in der Lehre. Im Workshop „OER und Recht – Open = Free?!“ ging man der Frage nach, wie Urheberrechte mit einem offenen Zugang zu Bildungsressourcen vereinbar sind. In einem Workshop zur TU Graz wurde exemplarisch eine OER-Stategie aufgezeigt.

In Zeiten von Web 2.0 und Social Media ist der freie Zugang zu Bildungsressourcen ein wachsendes Thema an Universitäten und Bildungsinstitutionen. Sogenannte „Open Educational Resources“ (OER) erfreuen sich in der Lehre immer größerer Beliebtheit. Auf dem Weg zu einer erfolgreichen Nutzung gilt es jedoch, einigen Stolpersteinen auszuweichen.

Der Organisator der OER-Veranstaltung, die interuniversitäre Initiative für Neue Medien Graz (iUNIg), ist eine Initiative österreichischer Hochschulen, die sich mit „Neuen Medien“ in der Lehre beschäftigt. Daran beteiligen sich auch VertreterInnen der vier Grazer Universitäten (Karl-Franzens-Universität, Technische Universität, Medizinische Universität und Kunstuniversität), der Pädagogischen Hochschule Steiermark und der Fachhochschule Joanneum.

Stolperstein Recht

Vertreter der Kunstuniversität Graz und der Medizinischen Universität gaben bei ihrem Workshop einen Einblick in ihre Praxis mit OER. Sie stellten auch die rechtlichen Rahmenbedingungen zur Diskussion, die den Einsatz von OER teilweise erschweren. Dabei wurde deutlich, wie komplex und für Lehrende oftmals undurchschaubar die rechtliche Lage ist. Aktuelle Webtechnologien machen es für BenutzerInnen zwar immer einfacher, Inhalte selbst zu erstellen, zu diskutieren und untereinander auszutauschen, doch im Umgang damit empfiehlt sich auch eine gewisse Vorsicht.

Die Thematik betrifft Studierende und Lehrende gleichermaßen. Verbreitet werden meist eigene, fremde und gemeinsam erstellte Inhalte wie Text, Bild, Audio und Video. Die Einstellung zur Veröffentlichungswürdigkeit selbst produzierten Materials variiert dabei: Im Unterricht an der Kunstuni würden die Studierenden „lieber hinter verschlossenen Türen spielen“, während bei öffentlichen Konzerten hingegen „open kein Problem“ sei.

Ein Lehrender, der diese Entwicklung für sich nutzen möchte, stößt auf einige rechtliche Problemfelder. Denn werden persönlich erstellte Medien öffentlich genutzt, ist man sofort mit dem Urheberrecht konfrontiert. Das Urheberrecht gilt auf Werke und besteht aus vermögens- sowie persönlichkeitsrechtlichen Befugnissen. Einen detaillierten Einblick und FAQs zum Urheberrecht im eLearning bietet die Website des Forum neue Medien Austria.

Verwendet nun etwa ein Lehrender in einer Vorlesung Herztöne, die ein anderer Mediziner aufgenommen hat, stellt sich die Frage: Darf er das? Die Antwort lautet: Ja. Denn bei der bloßen Aufnahme von Herztönen handelt es sich juristisch gesehen nicht um ein Werk. Geräusche, die in der Natur vorkommen, sind also nicht geschützt. Es sei denn, das Audiomaterial wird „im Rahmen eines schöpferischen Aktes“ in eine Datenbank aufgenommen. Eine Sammlung von Herztönen kann also sehr wohl urheberrechtlich geschützt sein. Verwendungseinschränkungen gibt es auch beim Unterricht im kommerziellen Bereich. Bei der Lehre an einer Fachhochschule, die ja eine Geschäftsführung hat, ist es auf den ersten Blick nicht klar, ob man sich nur im universitären oder nicht doch im kommerziellen Bereich bewegt.

Welche Strategie sollte ich also verfolgen, wenn ich OER in der Lehre erfolgreich einsetzen möchte? Als Faustregel gilt: Eigener Content = free. Fremder Content = geschützt. Wenn ein Lehrender ein Bild aus dem Internet in seiner Veranstaltung verwendet, handelt es sich um eine Verwertungshandlung. Dafür nötig: Ein E-Mail an den Urheber mit der Anfrage, ob das Bild verwendet werden darf. Ein User darf fremdes Material nicht öffentlich zur Verfügung stellen – es sei denn, es wurde unter einer Creative Commons-Lizenz veröffentlicht. Begibt man sich auf eine Google-Suche nach dem perfekten Bild für den Unterricht, empfiehlt es sich, mit der erweiterten Suche zu arbeiten, wo man mit dem Punkt „Nutzungsrechte“ eruieren kann, ob die Suchergebnisse zur Wiederverwertung gekennzeichnet sind. Als vollständige Quellenangabe gibt man das Lizenzmodell, den Namen des Urhebers und das Datum an – und zwar: wann wurde das Material erstellt, wann edidiert, wann abgefragt. Denn in der Zwischenzeit könnten sich die Nutzungsrechte bereits verändert haben.

Offenheit als Strategie: Das Beispiel TU Graz

Martin Ebner und Walther Nagler moderierten in einem der Workshops die Fragen und Diskussionen der Teilnehmer und stellten das Open Educational Resources-Angebot der TU Graz vor.

Mit dem TU Graz TeachCenter haben sie eine Plattform geschaffen, die allen Lehrenden und Studierenden zur Verfügung steht und die als Ergänzung zum Präsenzunterricht gedacht ist. Beliebt bei den Studierenden sind vor allem der Streaming-Server sowie Podcasts von Vorlesungen und Veranstaltungen auf iTunes U. Hier können Vorlesungen zeitgleich oder auch im Nachhinein angesehen/angehört werden. Mehr oder weniger nicht vorhanden ist die TU Graz-Studierenden-Blogosphäre. Hier kämpfen die Verantwortlichen damit, dass die Studierenden ihre Blogs lieber zu Google oder anderen Anbietern auslagern – mit der Begründung, dort „nicht von der Uni beobachtet“ zu werden.

Bei den Workshop-Teilnehmern entwickelten sich daraufhin spannende Diskussionen zu vielfältigen Fragen, wie etwa: Wie bekommt man Lehrende dazu, sich während ihrer Vorlesungen filmen zu lassen? Besteht hier überhaupt ausreichend Nachfrage seitens der Studierenden? Die Nutzung von Open Content und beispielsweise E-Learning-Tools durch Studierende ist dabei offensichtlich stark abhängig vom Engagement der Lehrenden.

Ein großes Problem bei der Implementierung von OER im Hochschulbereich sind dabei nicht nur etwa urheberrechtliche Fragen, sondern vor allem starre Organisationsstrukturen und eine gewisse „Furcht“ vor der Öffnung gegenüber den Studierenden und der Allgemeinheit.

Ebenfalls sehr interessant war ein Gespräch über die Fragmentierung von Inhalten durch ihre Verfügbarmachung im Netz auf verschiedenen Plattformen – beispielsweise wenn ein Vortrag gleichzeitig protokolliert, gestreamt, fotografiert und aufgezeichnet wird. Wie kann sich der einzelne User diese Bausteine im Nachhinein wieder zusammensuchen?

Im Workshop wurden vielfältige Fragen gestellt und diskutiert. Ein Fazit ist jedoch schwer zu ziehen, da sich die Teilnehmer zum größten Teil noch in der Entwicklungsphase von entsprechenden Angeboten befinden oder überhaupt erst etwas über Open Educational Resources lernen möchten, um entsprechende Strukturen an ihren Hochschulen oder Organisationen/Institutionen zu verankern. Unsere persönliche Schlussfolgerung ist, dass keine Hochschule auf längere Frist an OER vorbeikommen wird. Auch für den internationalen Univergleich ist dieses Kriterium schon heute schlagend und wird in Zukunft sicher noch an Bedeutung gewinnen. Das Engagement von Martin Ebner & Co an der TU Graz sollte hier für Österreich Vorbildwirkung haben.

Intranet 2.0 und Unternehmenskultur / #e20camp

Das Intranet ist für Unternehmen ein wirkungsvolles Tool, um die Kommunikation ihrer Mitarbeiter untereinander und über verschiedene Hierarchiestufen zu fördern. Warum die interne Kommunikation über eine Web 2.0-Plattform dennoch oft nicht klappt, wurde anhand eines Beispiels in einer Session des Enterprise2.0Camp diskutiert.

Das erste Enterprise2.0Camp (#e20camp) startete u.a. mit einer Session zur internen Kommunikation von Unternehmen mittels Intranet. Doris Riedl stellte eine von ihr durchgeführte Fallstudie zur Diskussion, in welcher sie den Gebrauch eines neu implementierten Intranets in einem großen Konzern mit tausenden MitarbeiterInnen (Name sowie Branche durften aus Datenschutzgründen nicht genannt werden) untersuchte. Aus den Ergebnissen leitete sie Schlussfolgerungen zu Barrieren ab, welche die MitarbeiterInnen an der Nutzung hindern.

Folgende Faktoren sind demnach ausschlaggebend:

  • die Unternehmenskultur
  • die Arbeitsorganisation
  • technologische Barrieren

Ursache und Wirkung

Die Ergebnisse der Studie sind wenig überraschend, gilt es doch als allgemein bekannt, dass diese drei Faktoren den Umgang mit Web 2.0-Tools innerhalb einer Organisation oder eines Unternehmens wesentlich beeinflussen. Dennoch entwickelte sich eine spannende Diskussion unter den TeilnehmerInnen der Session betreffend die Ursachen für die Entwicklung solcher Barrieren, den Umgang von Unternehmen mit offener Kommunikation im Web allgemein sowie die Möglichkeiten, die genannten Hindernisse aus dem Weg zu räumen.

Normen und Werte

Das Kommunikationsverhalten im Unternehmen ist direkt durch die Unternehmenskultur geprägt. Normen und Werte spielen hier eine große Rolle: Ein großes Problem bei der Nutzung des Intranets in seiner Funktion als Plattform zum Wissensaustausch sowie zur Zusammenarbeit der MitarbeiterInnen ergibt sich laut der Studie dadurch, dass nur solches Wissen als „richtig“ betrachtet wird, dessen Qualität von bestimmten Personen der oberen Hierarchiestufen garantiert wird. Dadurch findet eine Wissensgenerierung der MitarbeiterInnen untereinander mehr oder weniger nicht statt.

Obwohl sich das Unternehmen durch Schulungen der MitarbeiterInnen und zahlreiche Ankündigungen bemühte, die Bedeutung des Intranets bzw. interner Kommunikation zu vermitteln, bleibt dennoch der Eindruck, dass lediglich über bereits bestehende starre Strukturen ein Web 2.0-Tool gestülpt wurde. Die Hierarchie des Unternehmens wurde direkt ins  Web übernommen. Dies wiederum erklärt bis zu einem gewissen Grad die Scheu der MitarbeiterInnen, frei und ungehemmt zu kommunizieren, denn: „Der Chef könnte ja sehen, was ich da ins Intranet reingeschrieben hab.“

Einen weiteren Diskussionspunkt stellte die Schwierigkeit dar, neue kommunikative Strukturen im Unternehmen überhaupt zu etablieren. Bisherige Kommunikationsmethoden werden von den MitarbeiterInnen häufig als „Gewohnheitsrecht“ betrachtet: „Bisher habe ich immer zum Telefonhörer gegriffen, warum soll ich plötzlich das Intranet nutzen?“

Conclusio

Mein persönliches Fazit aus der Session ist folgendes: Ja, Unternehmen – und hier vor allem große Konzerne – haben es nicht leicht, wenn sie ihre interne Kommunikation umstellen und die Vorteile des Web 2.0 hierfür nutzen wollen. Es bringt nichts, die beste Plattform mit den schönsten Tools für die eigenen MitarbeiterInnen einzurichten, wenn sie nicht genutzt wird. Warum das häufig so ist? Unternehmen stoßen im Zusammenhang mit interner Kommunikation 2.0 häufig auf Barrieren. Die Lösungen zum Überspringen dieser Hürden sollten sie jedoch bei sich selbst suchen: Strikte und unbewegliche Hierarchien, schlechtes Zeitmanagement, althergebrachte Kommunikationsgewohnheiten auf den verschiedenen Unternehmensebenen und wenig Eigeninitiative verunmöglichen erfolgreiche interne Kommunikation und führen lediglich dazu, dass eine „parallele Kommunikationswelt“ entsteht, die nie wirklich Teil des Unternehmens und damit auch nicht sinnstiftend sein kann.