Literacy Links
30.5.-6.6.2011

Hinweise auf aktuelle Websites und Blogposts zum Schreiben im Web:

Blogger schreiben anders als Printjournalisten. Wenn ein Unternehmen mit Bloggern kommunizieren und sie als Multiplikatoren nutzen will, muss es sich sich auf diese Besonderheiten einstellen. In einem Workshop über Blogger Relations aus Unternehmenspraxis und Bloggersicht haben sich gerade Experten über dieses Thema ausgetauscht. Ein Indiz für die Veränderungen der Medienlandschaft: Manche Blogger erreichen mit ihre persönlichen Medium mehr Menschen als klassische Verlagsprodukte zu ähnlichen Themen.

Tweets unterscheiden sich noch deutlicher von den gewohnten Schreibformaten als Blogposts—auch wenn sie an ihre Verfasser ähnliche Anforderungen stellen wie Überschriften oder Zwischentitel.

Megan Garber fragt in einem anspruchsvollen Ausatz: Ist Twitter Schreiben oder Sprechen? Mit vielen Links zu Medientheoretikern und zu Diskussionen über Twitter stellt sie Mündlichkeit und Schriftlichkeit gegenüber und zeigt, dass Twitter mit diesem Gegensatzpaar nicht zu fassen ist. Sie sieht Twitter als Beispiel und Ausprägung von etwas Neuem, einer webtypischen Textualität. Text ist bei Twitter und in den Social Media in Gespräche eingebunden und vergänglicher, als wir es von analogen Texten kennnen. Und wenn wir ihn lesen, liest er uns zurück, sammelt Daten über uns und interpretiert uns.

In den englischsprachigen Ländern ist man es gewohnt, gutes Schreiben zu lehren, während es bei uns viele noch eher als Begabung denn als Technik sehen. Zu den witzigsten Blogs über wirkungsvolles Texten gehört How To Write Badly Well von Joel Stickley. Stickley gibt—ironisch—Tipps für ungewollte Wirkungen, z.B. in allen seinen Sätzen zusätzliche Beifügungen und Nominalkonstruktionen zu verwenden, um Zusatzinformationen zu transportieren [via Jana Herwig].

Die New Media Literacies-Website der Annenberg School for Communication & Journalism informiert über ein Vorbild unseres Web Literacy Labs. Eine Forschergruppe um Henry Jenkins beschäftigt sich dort mit der Frage, welche Medienkompetenzen Menschen des 21. Jahrhunderts brauchen und wie man sie am besten vermittelt. Ein Schlüsselkonzept: das partizipatorische Lernen. Nicht durch stabiles, passives Wissen erwirbt man die Fähikeit, mit den aktuellen Medien umzugehen, sondern durch aktive Teilnahme und Gestaltung.

Ich schreibe dieses Post mit einem neuen Tool, dem iA Writer for Mac der Information Architects. Die Information Architects sind Vorreiter modernen, auf Lesbarkeit und Konzentration ausgerichtetem Webdesigns; so haben sie 2009 den Auftritt der Zeit online gestaltet. Wie die Websites der Information Architects verzichtet der Writer auf alles, was nicht unbedingt nötig ist. Man konzentriert sich beim Schreiben ganz auf den Inhalt. Dabei hilft der Focus-Mode, bei dem alles bis auf den gerade geschriebenen Satz ausgegraut wird. Die iPad Version, die IA zuerst entwickelte, unterstützt durch eine eigene virtuelle Tastatur das Blindschreiben. In der Mac-Version werden Markdown-Formatierungen im Schriftbild umgesetzt, so dass sich mit ihm auf eine einfache Weise HTML-Texte verfassen lassen.

Open Educational Resources: Rückblick auf die Workshops

Die Österreichische Fachtagung zu Open Educational Resources – OER widmete sich den Chancen und den Risiken von Web 2.0 in der Lehre. Im Workshop „OER und Recht – Open = Free?!“ ging man der Frage nach, wie Urheberrechte mit einem offenen Zugang zu Bildungsressourcen vereinbar sind. In einem Workshop zur TU Graz wurde exemplarisch eine OER-Stategie aufgezeigt.

In Zeiten von Web 2.0 und Social Media ist der freie Zugang zu Bildungsressourcen ein wachsendes Thema an Universitäten und Bildungsinstitutionen. Sogenannte „Open Educational Resources“ (OER) erfreuen sich in der Lehre immer größerer Beliebtheit. Auf dem Weg zu einer erfolgreichen Nutzung gilt es jedoch, einigen Stolpersteinen auszuweichen.

Der Organisator der OER-Veranstaltung, die interuniversitäre Initiative für Neue Medien Graz (iUNIg), ist eine Initiative österreichischer Hochschulen, die sich mit „Neuen Medien“ in der Lehre beschäftigt. Daran beteiligen sich auch VertreterInnen der vier Grazer Universitäten (Karl-Franzens-Universität, Technische Universität, Medizinische Universität und Kunstuniversität), der Pädagogischen Hochschule Steiermark und der Fachhochschule Joanneum.

Stolperstein Recht

Vertreter der Kunstuniversität Graz und der Medizinischen Universität gaben bei ihrem Workshop einen Einblick in ihre Praxis mit OER. Sie stellten auch die rechtlichen Rahmenbedingungen zur Diskussion, die den Einsatz von OER teilweise erschweren. Dabei wurde deutlich, wie komplex und für Lehrende oftmals undurchschaubar die rechtliche Lage ist. Aktuelle Webtechnologien machen es für BenutzerInnen zwar immer einfacher, Inhalte selbst zu erstellen, zu diskutieren und untereinander auszutauschen, doch im Umgang damit empfiehlt sich auch eine gewisse Vorsicht.

Die Thematik betrifft Studierende und Lehrende gleichermaßen. Verbreitet werden meist eigene, fremde und gemeinsam erstellte Inhalte wie Text, Bild, Audio und Video. Die Einstellung zur Veröffentlichungswürdigkeit selbst produzierten Materials variiert dabei: Im Unterricht an der Kunstuni würden die Studierenden „lieber hinter verschlossenen Türen spielen“, während bei öffentlichen Konzerten hingegen „open kein Problem“ sei.

Ein Lehrender, der diese Entwicklung für sich nutzen möchte, stößt auf einige rechtliche Problemfelder. Denn werden persönlich erstellte Medien öffentlich genutzt, ist man sofort mit dem Urheberrecht konfrontiert. Das Urheberrecht gilt auf Werke und besteht aus vermögens- sowie persönlichkeitsrechtlichen Befugnissen. Einen detaillierten Einblick und FAQs zum Urheberrecht im eLearning bietet die Website des Forum neue Medien Austria.

Verwendet nun etwa ein Lehrender in einer Vorlesung Herztöne, die ein anderer Mediziner aufgenommen hat, stellt sich die Frage: Darf er das? Die Antwort lautet: Ja. Denn bei der bloßen Aufnahme von Herztönen handelt es sich juristisch gesehen nicht um ein Werk. Geräusche, die in der Natur vorkommen, sind also nicht geschützt. Es sei denn, das Audiomaterial wird „im Rahmen eines schöpferischen Aktes“ in eine Datenbank aufgenommen. Eine Sammlung von Herztönen kann also sehr wohl urheberrechtlich geschützt sein. Verwendungseinschränkungen gibt es auch beim Unterricht im kommerziellen Bereich. Bei der Lehre an einer Fachhochschule, die ja eine Geschäftsführung hat, ist es auf den ersten Blick nicht klar, ob man sich nur im universitären oder nicht doch im kommerziellen Bereich bewegt.

Welche Strategie sollte ich also verfolgen, wenn ich OER in der Lehre erfolgreich einsetzen möchte? Als Faustregel gilt: Eigener Content = free. Fremder Content = geschützt. Wenn ein Lehrender ein Bild aus dem Internet in seiner Veranstaltung verwendet, handelt es sich um eine Verwertungshandlung. Dafür nötig: Ein E-Mail an den Urheber mit der Anfrage, ob das Bild verwendet werden darf. Ein User darf fremdes Material nicht öffentlich zur Verfügung stellen – es sei denn, es wurde unter einer Creative Commons-Lizenz veröffentlicht. Begibt man sich auf eine Google-Suche nach dem perfekten Bild für den Unterricht, empfiehlt es sich, mit der erweiterten Suche zu arbeiten, wo man mit dem Punkt „Nutzungsrechte“ eruieren kann, ob die Suchergebnisse zur Wiederverwertung gekennzeichnet sind. Als vollständige Quellenangabe gibt man das Lizenzmodell, den Namen des Urhebers und das Datum an – und zwar: wann wurde das Material erstellt, wann edidiert, wann abgefragt. Denn in der Zwischenzeit könnten sich die Nutzungsrechte bereits verändert haben.

Offenheit als Strategie: Das Beispiel TU Graz

Martin Ebner und Walther Nagler moderierten in einem der Workshops die Fragen und Diskussionen der Teilnehmer und stellten das Open Educational Resources-Angebot der TU Graz vor.

Mit dem TU Graz TeachCenter haben sie eine Plattform geschaffen, die allen Lehrenden und Studierenden zur Verfügung steht und die als Ergänzung zum Präsenzunterricht gedacht ist. Beliebt bei den Studierenden sind vor allem der Streaming-Server sowie Podcasts von Vorlesungen und Veranstaltungen auf iTunes U. Hier können Vorlesungen zeitgleich oder auch im Nachhinein angesehen/angehört werden. Mehr oder weniger nicht vorhanden ist die TU Graz-Studierenden-Blogosphäre. Hier kämpfen die Verantwortlichen damit, dass die Studierenden ihre Blogs lieber zu Google oder anderen Anbietern auslagern – mit der Begründung, dort „nicht von der Uni beobachtet“ zu werden.

Bei den Workshop-Teilnehmern entwickelten sich daraufhin spannende Diskussionen zu vielfältigen Fragen, wie etwa: Wie bekommt man Lehrende dazu, sich während ihrer Vorlesungen filmen zu lassen? Besteht hier überhaupt ausreichend Nachfrage seitens der Studierenden? Die Nutzung von Open Content und beispielsweise E-Learning-Tools durch Studierende ist dabei offensichtlich stark abhängig vom Engagement der Lehrenden.

Ein großes Problem bei der Implementierung von OER im Hochschulbereich sind dabei nicht nur etwa urheberrechtliche Fragen, sondern vor allem starre Organisationsstrukturen und eine gewisse „Furcht“ vor der Öffnung gegenüber den Studierenden und der Allgemeinheit.

Ebenfalls sehr interessant war ein Gespräch über die Fragmentierung von Inhalten durch ihre Verfügbarmachung im Netz auf verschiedenen Plattformen – beispielsweise wenn ein Vortrag gleichzeitig protokolliert, gestreamt, fotografiert und aufgezeichnet wird. Wie kann sich der einzelne User diese Bausteine im Nachhinein wieder zusammensuchen?

Im Workshop wurden vielfältige Fragen gestellt und diskutiert. Ein Fazit ist jedoch schwer zu ziehen, da sich die Teilnehmer zum größten Teil noch in der Entwicklungsphase von entsprechenden Angeboten befinden oder überhaupt erst etwas über Open Educational Resources lernen möchten, um entsprechende Strukturen an ihren Hochschulen oder Organisationen/Institutionen zu verankern. Unsere persönliche Schlussfolgerung ist, dass keine Hochschule auf längere Frist an OER vorbeikommen wird. Auch für den internationalen Univergleich ist dieses Kriterium schon heute schlagend und wird in Zukunft sicher noch an Bedeutung gewinnen. Das Engagement von Martin Ebner & Co an der TU Graz sollte hier für Österreich Vorbildwirkung haben.

Highlights von der Fachtagung zu Open Educational Resources

Im folgenden ein paar persönliche Blitzlichter von der Fachtagung zu Open Educational Ressources in Graz am Donnerstag 26.5.2011. Die vollständige Tagungsdokumentation findet sich hier.

In ihrer Keynote spricht Grainne Conole von der Open University UK über “The changing landscape of educational practice – openness and participation”. Es enstehen neue Formen der verteilten Wahrnehmung, moderne Technologien unterstützen die Menschen, die selbst Inhalte produzieren und miteinander teilen.

Dieser Trend wirkt sich auch auf das Lernen aus, ein „Open Learning Design” unterstützt gemeinsame Reflexion und fördert Austausch und Auseinandersetzung.

Ihr Abstrakt und ihre Folien stehen auf Cloudworks zur Verfügung.

Wolfgang Greller, von der Open University of the Netherlands behandelt in seinem Vortrag “OERs and the university: institutional aspects of openness”. Besonders interessant fand ich die neu entwickelten Geschäftsmodelle, die vorsehen, dass der gesamte Inhalt offen und ohne Passwort zur Verfügung gestellt wird. Bei der Gratisregistrierung können die LernerInnen personalisierte  Services benützen und an der Community teilnehmen. Bei der Anmeldung zu konkreten Kursen bekommen sie pädagogische Unterstützung – immer noch „free of charge“. Erst der Wunsch nach Prüfung und Akkreditierung ist kostenpflichtig.

Social Media ROI

Social Media Aktivitäten verursachen Kosten. Auch wenn Facebook, Twitter & Co. vermeintlich kostenlos zur Verfügung stehen, braucht es Zeit, Mitarbeiter und Hilfsmittel um ernsthafte Social Web Aktionen durchzuführen. Die folgende Blogreihe, die über 6 Wochen laufen wird, beschäftigt sich mit dem Thema „Social Media ROI“ von der Wiege an…

Die Zukunft von Social Media und die Möglichkeit die Effektivität von Social Media zu messen sind zwei sehr häufig debattierte Themen. Besonders das Thema Social Media ROI´s, ist eines das weitläufig Diskutiert wird.  Vor allem die Ermittlung des Social Media ROI wird immer weiter diskutiert.

Im WLL versuchen wir als „Wirtschaftsgruppe“ unter anderem Kennzahlen zu finden, die den Erfolg von Social Media für Unternehmen sichtbar macht. Ob hier der Social Media ROI oder andere Kennzahlen sinnvoll sind wird sich noch weisen. In jedem Fall ist der Anspruch an eine solche Kennzahl oder eine Sammlung von Kennzahlen für uns die Wirtschaftlichkeit der Verwendung von Social Media einerseits darzustellen und dabei leicht verständlich zu sein. Wie uns das gelingen wird, wird sich weisen…

 

Web Literacies: ein Rückblick auf das Enterprise 2.0-Camp

Welches sind die grundlegenden Webkompetenzen von Enterprise 2.0-MitarbeiterInnen? Und wie können wie vermitteln wir sie am besten?  Die Antworten auf diese Fragen sind unsere Herausforderungen im Web Literacy Lab Graz und waren auch der Schwerpunkt der Session mit dem Titel „Web Literacies“, die beim Enterprise 2.0-Camp an der FH JOANNEUM am 25. März stattfand. Zwei Monate später möchte ich Ihnen meine Zusammenfassung und meine Reflexionen zum Thema präsentieren und hoffentlich dadurch eine weitere Diskussion initiieren.

Die Kompetenzen

Die Session startete mit meinen Input zur Definition der New Media Literacies, wie sie von Henry Jenkins und seine KollegInnen in ihren White Paper Confronting the Challenges of Participatory Culture: Media Education for the 21st Century erläutert werden. Gerafft findet man sie in der folgenden „cultural competencies and social skills“ Liste  (Seite 6):

  • Play— the capacity to experiment with one’s surroundings as a form of problem-solving
  • Performance— the ability to adopt alternative identities for the purpose of improvisation and discovery
  • Simulation— the ability to interpret and construct dynamic models of real-world processe
  • Appropriation— the ability to meaningfully sample and remix media content
  • Multitasking— the ability to scan one’s environment and shift focus as needed to salient details.
  • Distributed Cognition— the ability to interact meaningfully with tools that expand mental capacities
  • Collective Intelligence— the ability to pool knowledge and compare notes with others toward a common goal
  • Judgment— the ability to evaluate the reliability and credibility of different information
  • source
  • Transmedia Navigation— the ability to follow the flow of stories and information across multiple modalitie
  • Networking— the ability to search for, synthesize, and disseminate information
  • Negotiation— the ability to travel across diverse communities, discerning and respecting multiple perspectives, and grasping and following alternative norms.

Die AutorInnen behaupten, dass alle in der Liste genanten Kompetenzen notwendig sind, um aktiv an der heutigen partizipativen Webkultur teil zu nehmen. Sie sind sozialer und kultureller Natur, und um einen großen „digital gap“ zu vermeiden, sollten sie in allen Schulen unterrichtet werden. Leute, die über diese Kompetenzen nicht verfügen, werden mit Schwierigkeiten am Arbeitsmarkt der Zukunft konfrontiert werden.

Online Kursmodelle

Genau wegen der sozialen Natur dieser Kompetenzen habe ich in der Runde vorgeschlagen, dass sie am besten in einer Online-Gruppe, die nach dem 5 Stufen Model von Gilly Salmon konzipiert und moderiert wird, erlernt werden können. Unserer Erfahrungen in ZML-Innovative Lernszenarien nach werden TeilnehmerInnen in solche Gruppen miteinander vertraut, können in einer geschützten Atmosphäre eigene Erfahrungen machen, sie in der Gruppe reflektieren und dadurch ihre Aktivität im Web und ihre persönliche Weiterentwicklung aktiv steuern.

Heinz Wittenbrink hat in der Gruppe seine Bedenken über die Aktivität in einer kleinen Gruppe geäußert. Seiner Meinung nach ist das Web öffentlich, und TeilnehmerInnen eines Kurses sollen von Anfang an öffentlich agieren. Die Gefahr wäre sonst, dass die private Natur der Kommunikation in einer kleinen Gruppe die TeilnehmerInnen hindert, sich nach dem Kurs im öffentlichen Web zu äußern.

Eine Alternative wäre eine Kombination von öffentlichen und Gruppenaktivitäten, wie z.B. im Kurs von Jutta Pauschenwein Lernen und Lehren im Web2.0.  In diesem Kurskonzept werden TeilnehmerInnen im öffentlichen Web aktiv, kommen aber auf einer gemeinsamen Lernplattform in ihre vertraute Gruppe, um ihre Erfahrungen zu reflektieren.

Eine weitere Alternative wäre es, einen Massive Open Online Course durchzuführen, wie Connectivism and Connective Knowledge oder der Kurs Zukunft des Lernens im deutschsprachigen Raum. Dabei finden alle Inhalte und alle Interaktionen im öffentlichen Web statt.

Drei Modelle für die Online-Kommunikation und das Konzept unserer Kursangebote stehen damit zur Auswahl. Welchen Weg wollen wir gehen?